Der Logistikexperte und Bahninsider Friedrich Macher erklärte bei einem ÖVG-Event, warum sich der Bahngüterverkehr in der EU nur langsam entwickelt.
Friedrich Macher, geschäftsführender Gesellschafter von Grampetcargo Austria, verwies darauf, dass der Bahngüterverkehr in Europa nicht in der Lage sei, die Ziele der EU-Verkehrspolitik zu erreichen. Der Anteil der Schiene am Modalsplit beim Güterverkehr sollte laut "EU-Weißbuch Verkehr 2000" 35 Prozent erreichen, tatsächlich sinke er laufend, habe 2010, also 10 Jahre nach dem Weißbuch, bloß 24 Prozent betragen und entferne sich kontinuierlich von diesem Ziel. Mit der Trennung der alten Staatsbahnen in jeweils eine Infrastrukturgesellschaft, die für alle Benützer die Infrastruktur zu gleichen Bedingungen diskriminierungsfrei zugänglich halten soll, und eine kommerziell agierende, dem Wettbewerb ausgesetzte Güterverkehrsgesellschaft sei eine wichtige Voraussetzung geschaffen worden, um den Schienenverkehr zu stärken. Allerdings würden wichtige EU-Länder, wie Frankreich und Italien, diese Bestrebungen ganz offensichtlich sabotieren, während neue Mitgliedsländer wie Rumänien und Bulgarien wahre Musterknaben seien.
Schienenlogistik muss wettbewerbsfähig werden. Macher sieht nur einen Weg, die EU-Ziele zu erreichen: die Schaffung wettbewerbsfähiger Schienenlogistikangebote. Dazu bedürfe es aber der horizontalen und vertikalen Kooperation zwischen privaten und staatlichen Unternehmen. Wenn aber Leerzüge eines Anbieters den Leerzügen eines anderen Anbieters in der Gegenrichtung begegnen, so wird sich der ModalSplit nicht weiterentwickeln können. Kooperation könnte hier einen Ausgleich schaffen, Kosten sparen und den Service verbessern. Wenn der Kunde nur Preise von 15 bis 17 Euro pro Zugkilometer akzeptieren könne, dann seien Angebote von 20 Euro je Zugkilometer die reine Einladung an die Straßenkonkurrenz.
Macher meint, die EU sollte mehr Mittel für die Modernisierung südosteuropäischer Bahnstrecken mobilisieren, weil damit pro investiertem Euro viel größere Effekte zu erzielen seien als mit Investitionen in den alten EU-Ländern — wie etwa für den Brenner-Basistunnel.
Strecken sind auszubauen und zu elektrifizieren Südosteuropa hätte aber wegen eines relativ dichten Schienennetzes Chancen für eine umfassende Schienenlogistik. Derzeit seien aber nur wenige Hauptstrecken brauchbar. Eine wichtige Verbindung bilde beispielsweise die in einigen Wochen fertige Donaubrücke zwischen Calafat (Rumänien) und Vidin (Bulgarien) — als zweite Straßen- und Bahnüberquerung der Donau zwischen Rumänien und Bulgarien nach der Brückenverbindung Giurgiu/Ruse. Ebenso sinnvoll wäre der Ausbau und die Elektrifizierung der rumänischen Zulaufstrecke Craiova—Calafat und auch in Bulgarien zwischen Vidin und Sofia. Dann hätte man eine leistungsfähige Strecke von Mitteleuropa bis Istanbul und über den Bahntunnel unter dem Bosporus weiter nach Anatolien. Und Serbien, das wohl noch etliche Zeit nicht der EU angehören wird (Streit mit Kosovo), kann leicht umfahren werden. Eine solche Umfahrung wäre logistisch sehr vorteilhaft.