„Die Verteidigung von Monopolstellungen und jeder Leerzug im Rahmen von ‚Triangle-Verkehren‘ schaden dem Verkehrsträger Schiene“, sagt Prof. Friedrich Macher. Der Geschäftsführer der Grampetcargo Austria GmbH sieht in der vertikalen und horizontalen Kooperation der Bahnen die Grundlage für die Ankurbelung der Güterverkehre auf der Schiene.
WIEN: Da helfen die vollmundigsten Beteuerungen nichts! Einiges läuft schief im europäischen Güterverkehr auf der Schiene. Zwar bekunden Verkehrspolitiker und die Spitzenvertreter der EVUs bei jeder Gelegenheit ihr Bestreben nach der Umsetzung von Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Verkehrsträgers Schiene. Jedoch ist in der Praxis davon wenig zu sehen. Dadurch bedingt liegen die Güterbahnen im Modal Split der Verkehrsträger weit hinter den selbst gesteckten Zielvorgaben. Anstatt der angestrebten 35 Prozent beträgt der Anteil der Schiene derzeit 24 Prozent, Tendenz sinkend. Vor allem die Straßentransporteure fahren den Bahngesellschaften mit ihren flexiblen und zuverlässigen Servicekonzepten zu moderaten Preisen um die Ohren. Bei den Massenguttransporten kommen den Güterbahnen die Akteure der Binnenschifffahrt in die Quere.
Prof. Friedrich Macher, Geschäftsführer des privaten Bahnlogistikunternehmens Grampetcargo Austria, sieht keinen Grund zum Verzagen ob dieses Szenarios gegeben. Statt dessen sollten die Anbieter von Transportlösungen auf der Schiene ihre Hausaufgaben machen, lautet sein eindringlicher Appell an die Vertreter in den Führungsgremien bei den staatlichen und privaten Mitbewerbern seines Unternehmens. Auch einer Kooperation mit den Frachtführern und Operatoren in der Binnenschifffahrt redet er das Wort. "Wenn man das vernünftig anstellt, lässt sich rasch einiges zum Besseren bewenden", lautet eine seiner zentralen Thesen.
Im Detail schweben Friedrich Macher von gegenseitigem Vertrauen gekennzeichnete Kooperationen zwischen den Frachtführern auf den Verkehrsträgern Schiene und Wasserstraße vor Augen. Damit könnten die Unternehmen der Binnenschifffahrt die von Eis, Nieder-/Hochwasser oder Schleusensperren verursachten kritischen Phasen überbrücken. "Es ist hinlänglich bekannt, dass auf der Wasserstraße rund 15 Wochen im Jahr nur ein eingeschränkter oder gar kein Güterverkehr mit Binnenschiffen möglich ist. In diesem Zeitraum könnten die Bahnen den Reedereigesellschaften Unterstützung in Form einer vorübergehenden Verlagerung der Verkehre auf die Schiene bieten. Sobald auf dem Wasserweg wieder normale Zustände herrschen, werden die Güterströme wieder mit dem Binnenschiff abgefahren", schlägt der frühere RCA-Chef vor. Er für seinen Teil arbeite für Grampetcargo Austria gerade ein Modell mit zwei namhaften Unternehmen in der Binnenschifffahrt aus, das im Interesse aller Beteiligten rasch mit Leben erfüllt werden soll.
Höchste Priorität besitzt für Friedrich Macher das Umdenken bei den einzelnen Bahnen. Anstatt sich gegenseitig das Leben schwer zu machen, sollten die Unternehmen Mittel und Wege zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit finden. Daran geknüpft ist die Forderung nach einer vertikalen und horizontalen Kooperation von allen in das System Schiene eingebundenen Protagonisten. Damit sind einerseits die Privat- und Staatsbahnen sowie andererseits die Bereiche Absatz und Infrastruktur angesprochen. Gemeinsame Prämisse müsse es sein, Substrat von der Straße auf die Schiene zu bringen. Das setze die Bereitschaft der Staatsbahnen zum teilweisen Verzicht auf Monopolstellungen sowie zur Umsetzung von innovativen Transportlogistikkonzepten gemeinsam mit privaten Partnergesellschaften voraus.
Gute Chancen für derartige Lösungen sieht man bei Grampetcargo Austria im Segment der ‚Triangle-Verkehre‘ zwischen der Region Schwarzes Meer und den Wirtschaftsräumen in Zentraleuropa gegeben. "Es gibt Güterströme für die Auslastung von fünf bis sechs Ganzzug-Rundlaufverkehren in der Woche. Ihre Paarigkeit beträgt 80 bis 85 Prozent. Damit könnten die beteiligten Bahnen wirtschaftlich das Auslangen finden. Und die Kunden wollen das", erläutert Friedrich Macher. In einem konkreten Fall scheitere die Umsetzung dieser Konzeption an der Weigerung von zwei Staatsbahnen zum Abgehen von ihrem Monopoldenken. Das ist insofern bedauerlich, weil Österreich nach seiner Einschätzung der Sachlage wirklich alle Verkehrsträger benötigt, um in Zukunft wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
"Jeder Leerzug fügt dem Schienenverkehr im Modal Split Schaden zu. Der Unwille mancher Staatsbahnen zur Kooperation mit den privaten Anbietern von Güterverkehren auf der Schiene spielt der Flexibilität und der Schnelligkeit der Lkw-Spediteure und Straßentransporte in die Karten", mahnt Friedrich Macher eindringlich. Grampetcargo Austria macht mit der Idee der paarigen Verkehre gute Erfahrungen: Etwa 70 Prozent der von der Gesellschaft seit der Firmengründung im Mai 2012 akquirierten Güterverkehre wurden von der Straße auf die Schiene verlagert. Die Durchführung der Traktionsleistungen erfolgt im Produktionsverbund mit sogenannten ‚Start-up-EVUs‘. Unabhängig davon will die Gesellschaft in den nächsten Monaten den Status als privates Eisenbahnverkehrsunternehmen erlangen.

Mit der Grampet Group verfügt der "Newcomer" auf dem Gebiet der Schienenlogistik einen starken Rückhalt. Mit über 10.000 Mitarbeitenden und mehr als 20.000 eigenen Güterwagen (davon eignen sich 7.000 Einheiten für Einsätze in Zentral- und Westeuropa) ist die Muttergesellschaft laut eigenen Angaben die größte private Güterbahn in den Ländern Rumänien, Bulgarien und Ungarn. Die Etablierung einer Gesellschaft in Serbien steht in der Vorbereitung. Aufgabe von Grampetcargo Austria ist der Aufbau von Systemlösungen entlang der Rhein- Main-Donau-Achse und auf den Verbindungen von Ost-/Südosteuropa in die Adria-Region.
Außer der Bereitschaft zur vertikalen und horizontalen Kooperation benötigen die Güterbahnen dringend modernes Waggonmaterial. "Hier liegt ein weiteres arges Handicap der Bahnlogistik", betont Friedrich Macher explizit. Laut seinen Angaben beträgt der Rückstau bei den Güterwagen- Reinvestitionen in Europa mehr als 20.000 Einheiten. Speziell in den neuen EU-Mitgliedstaaten ist das Wagenmaterial hoffnungslos veraltert. Für die Einleitung von Modernisierungsschritten fehlen die finanziellen Mittel. Die Grampet Group befindet sich auf diesem Gebiet in einer besseren Situation. Ihr Organigramm enthält eigene Waggonfabriken – darunter einen großen Standort in Debrecen in Ostungarn – zur bedarfsgerechten Abdeckung der Kundenanforderungen auf dem Gebiet des rollenden Materials.
JOACHIM HORVATH