Verkehr im Gespräch mit dem früheren RCA-Vorstandssprecher über Vergangenes und Neues.
VON JOHANNES TOMSICH
Friedrich Macher ist eine der prägendsten Persönlichkeiten der österreichischen Logistikszene, er war jahrzehntelang Geschäftsführer von Kühne + Nagel Österreich, zuletzt dort für die Region Südosteuropa verantwortlich, bevor er die ÖBB-Tochter RCA geleitet hat. Er hat die BVL Österreich groß gemacht und durch sein Engagement in verschiedensten Verbänden – vor allem aber auch in der Ausbildung – für ein besseres Verständnis der Logistik in der Gesellschaft und für eine generelle Aufwertung der Thematik gesorgt. Macher ist seit Jahrzehnten in der akademischen Lehre tätig – unter anderem am Institut für Verkehrswissenschaft der WU Wien und an der Donau-Universität Krems. ÖBB-Generaldirektor Christian Kern spricht öffentlich wiederholt von einem Missmanagement des ehemaligen Dreiervorstands um Macher. Kern begründete zuletzt wieder die „Trennung“ von Macher damit. Im Interview mit Verkehr beantwortet Friedrich Macher auch dazu einige Fragen. Außerdem startet er nun zusammen mit der rumänischen Eisenbahn mit Grampetcargo, in Österreich.
Verkehr: Was waren Ihre wichtigsten Ziele und Aufgaben während Ihrer Zeit bei der RCA?
Friedrich Macher: Wie schon früher in Medien berichtet wurde, war es ein wichtiges Ziel, die Internationalisierung der RCA voranzutreiben, nach Italien, Slowenien und Rumänien beispielsweise, weiters die Übernahme der Federführung in der Produktions-GmbH durch die RCA, die Reduzierung der Speditionsholding, das Erarbeiten eines Restrukturierungskonzeptes sowie der Aufbau einer nach Branchen ausgerichteten kundenorientierten Organisation.
Der starke Rückgang der RCA in den schwierigen Jahren nach 2008 wurde zu einem großen Teil Ihnen und Ihren damaligen Vorstandskollegen angelastet. Wie sehen Sie das?
Macher: Ich kann nur über Fakten berichten, die auch von A.T. Kearney erarbeitet wurden. Die wichtigen Zahlen habe ich noch im Kopf. Die RCA hat durch den Zusammenbruch der Güterverkehrsmärkte etwa eine halbe Milliarde Euro weniger Umsatz gemacht als 2008. Die Ergebnisverschlechterung von 2008 auf 2009 war lediglich 100.000 Euro, wie auch der veröffentlichten Bilanz entnommen werden kann. Das heißt, die RCA hat von dem Umsatzeinbruch aufgrund des Marktzusammenbruchs 80 Prozent kompensieren können. Der Deutschen Bahn ist das bei Weitem nicht in dem selben Ausmaß gelungen und nach meiner Erinnerung war damals die französische Güterverkehrsbahn jene, die das am wenigsten geschafft hat. Das kann man jederzeit nachlesen in den Bilanzen und auch in dieser A.T. Kearney-Studie von damals, dass die RCA damals von allen europäischen Güterverkehrsbahnen die Krise am besten bewältigt hat.
War der Kauf der MAV Cargo nicht bereits abgeschlossen, als Sie übernommen haben?
Macher: Mein ehemaliger Kollege Günter Riessland wurde kürzlich in der Presse zitiert, dass er einen derartig verkäuferfreundlichen Vertrag, den wir damals vorgefunden hatten, in seiner Praxis bis dahin noch nicht kennen gelernt hat.
Die Grampetcargo Austria (GCA) positioniert sich als DER Herausforderer der RCA in Südosteuropa.
Der Hauptgesellschafter Grampet ist Marktführer in Rumänien. Die Grampet-Gruppe präsentiert sich ebenso als Kostenführer vom Schwarzen Meer bis zur österreichisch-ungarischen Grenze. Die Gruppe verfügt in weiteren fünf
Ländern über eigene Speditionen. Grampetcargo Austria hat die Trade-Trans-Gruppe als strategischen Partner. Friedrich Macher ist in Österreich Geschäftsführender Gesellschafter.
Sie sind also sozusagen mit einer „zusätzlichen Baustelle“ gestartet. Was waren Ihre ersten Maßnahmen?
Macher: Es galt, ein Sanierungskonzept der MAV Cargo zu erstellen, daneben waren Verhandlungen mit den ungarischen Eisenbahnergewerkschaften zu führen. Unser Ziel – und all das wurde auch schon publiziert – war, ein Konzept zur Infrastrukturnutzung und Traktion mit dem ungarischen Ministerium zu erstellen. Aufgrund der im Konzept nicht klar geregelten Traktionsentgelte konnten wir uns gegen Preiserhöhungen nicht wirksam wehren. Unsere einzige Alternative war, eine Eigenproduktion aufzubauen, um den ungarischen Verhandlungspartnern zu signalisieren, dass sie nicht in einer Monopolsituation sind.
Es hat bis zu Ihrer Zeit mehr Lkw-Verkehre der ÖBB gegeben. Warum haben Sie damit größtenteils Schluss gemacht?
Macher: Es war notwendig, das Speditionsgeschäft neu zu strukturieren.
Wieso hat man es nicht geschafft, den Transport auf der Straße als sinnvolle Ergänzung – für die letzte Meile – zu halten?
Macher: Es war keine klare Strategie erkennbar, wodurch der Schienenverkehr diese sinnvolle Ergänzung gehabt hätte, etwa für die „first“ oder „last mile“. Dieses Manko wurde unter meiner Federführung bereinigt.
Wie sehen Sie die letzte Bilanz der RCA und die Reduktion des Verlustes auf minus 49 Mio. Euro?
Macher: Von außen betrachtet dürfte eine operative Ergebnisverbesserung vor allem in der RCH gelungen sein, basierend auf dem Unternehmenskonzept und den Ergebnissen der Verhandlungen mit den Betriebsräten und mit dem ungarischen Verkehrsstaatssekretariat, die ich selbst noch in meiner Zeit als Vorstand der RCA geführt und erfolgreich abgeschlossen habe. Für mich war es ein jahrelanges Anliegen, das IBE (Anmerkung der Red.: Infrastrukturbenützungsentgelt), das eigentlich eines der höchsten in Europa war, auf ein kompetitives Niveau zurückzuführen. Und ich weiß nicht, in welchem Ausmaß die RCH hier eine Ergebnisverbesserung realisiert hat. Ob und wie gut eine Produktivitätssteigerung in der Traktion und im Verschub gelungen ist, kann ich von außen nicht beurteilen.
Es heißt immer wieder, die EVU überlassen den kostenintensiven Einzelwagenverkehr der RCA, weil es sich bei ihnen nicht rechnet. Stimmt das?
Macher: Der Argumentation, dass der Einzelwagenverkehr der „Rest vom Kuchen“ ist, ist allerdings entgegenzuhalten, dass im Waggonaustausch immer noch das frühere RIV-Prinzip gilt (nunmehr abgelöst durch die AAA-Vereinbarung), welches hier sehr wohl zum Vorteil der Staatsbahnen genutzt wird. Ich habe – auch in meiner Zeit bei der RCA – oft von einer notwendigen „Renaissance“ des Einzelwagens gesprochen. Und daher auch ganz aktiv – wie früher in den Medien berichtet wurde – die Xrail-Initiative (Anmerkung der Red: europäische Allianz der Bahnen, die weiter auf den Einzelwagenverkehr setzen) unterstützt und versucht voranzutreiben.
Sind die Preiserhöhungen der RCA in der Art und dem Ausmaß wie zuletzt gerechtfertigt?
Macher: Meines Erachtens brauchen Verlader mehr Zeit, sich zu überlegen, welche Destinationen, Produkte und Mengen weiter auf der Schiene abgewickelt werden sollen und können.
Besteht nicht auch die Gefahr, dass sich die RCA mit der Schließung Schließung einiger Standorte langfristig zu viel beschneidet? Macht dies für die Sanierung Sinn? Oder wäre es eher besser, mit anderen Methoden zu arbeiten?
Macher: Meine Einstellung war immer: Ein Netzwerk muss atmen können, das heißt, es muss Änderungen geben, wenn sich die Verkehrsströme ändern, aber der Wert ist das Netzwerk an sich. Es wäre sinnvoll, mit den Betroffenen zu verhandeln und zu versuchen, eine gemeinsame Lösung zu finden, eventuell die Bedienungsfrequenz zurückzunehmen, um die Kosten auf einer bestimmten Strecke zu optimieren.
Haben Sie das Gefühl, dass in der RCA jemand anderer die Früchte Ihrer Arbeit ernten wird?
Macher: Das möchte ich so nicht sagen, aber ich denke, wenn der Aufsichtsrat länger das Vertrauen dem damaligen Dreiervorstand mit mir gewährt hätte, dass man vielleicht in der Umsetzung des Sanierungsplans ein Jahr hätte gewinnen können.
Nun im Vergleich zur RCA: Wo liegen die Stärken einer Grampetcargo?
Macher: Wir können kreativ, innovativ und kundenorientiert sein und schnell entscheiden, weil die gesamte Firmengruppe und auch die GCA eigentümergeführt sind. Bei uns kann der Kunde einem ins Auge schauen und mit einer Handschlagvereinbarung Entscheidungen herbeiführen.
Auf welchen Destinationen sehen Sie besondere Vorteile?
Macher: Aufgrund der Gegebenheiten und der sehr guten Marktpositionen der Schwesterunternehmen der Grampet- Gruppe sind wir prädestiniert, zwischen Schwarzem Meer und Ostsee ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis zu erbringen; und durch unsere Partnerschaft mit Trade Trans, die wieder ein Joint Venture mit der PKP hat, sind wir auch in der Lage, zwischen Adria und Ostsee erfolgreiche Lösungen anzubieten. Last but not least ist auch der Westbalkan durch die sehr gute Marktposition der Grampet-Gruppe ein Bereich, wo wir Kunden zufriedenstellen können.
Wir bedanken uns für das Interview.
Friedrich Macher war im Februar 2008 in der Vorstand der RCA geholt worden und hat nachfolgend laufend zusätzliche Aufgaben erhalten, beispielsweise den Vorsitz in der Geschäftsführung von Express/Interfracht, die Funktion des Vorstandssprechers der RCA, 2010 wurde er Aufsichtsratsvorsitzender der Produktion GmbH und dann auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Technischen Services GmbH. Im November 2010 kam es zu einer einvernehmlichen Auflösung aller Funktionen, mit Ausnahme der Geschäftsführung der EXIF GmbH, dort war er ab November 2010 Geschäftsführer bis Oktober 2011. Über die Ausstiegsmodali